Seit vergangenem Jahr wird in Vorarlberg Emmer angebaut und verarbeitet. Dabei handelt es sich um eine der ältesten Getreidesorten – dennoch kennt sie kaum jemand. Das könnte sich durch die Kooperation zwischen Vorarlberger Mehl und dem Sennhof in Rankweil nun ändern.
Richtig alt und doch ganz neu
Man kann über Vorarlberg ja vieles sagen und es gibt zahlreiche Dinge, für die das Land über die Grenzen hinaus bekannt ist. Der Anbau von Speisegetreide zählt aber definitiv nicht dazu. Das Klima ist nicht ideal dafür, zudem fehlt es an geeigneten Flächen. „Als Mühle haben wir somit an diesem Standort gewaltige Nachteile“, sagt auch Felix Rhomberg von Vorarlberger Mehl. Trotzdem ist das Unternehmen seit Jahrzehnten erfolgreich. Warum? „Wir sind ein regionales Unternehmen und auch unsere Kunden sind aus der Region. Wir versuchen gar nicht erst, mit den Großen mitzuhalten. Stattdessen sind wir immer auf der Suche nach neuen und besonderen Produkten.“ Das Sortiment umfasst mittlerweile zahlreiche Spezialitäten wie Riebel Grieß, Spätzle-Mehl oder Brotbackmischungen. Und bekommt nun Zuwachs durch ein ganz spezielles Produkt: Emmer-Urkornmehl. Bei Emmer handelt es sich um eine der ältesten kultivierten Getreidesorten. Er ist der Vorgänger von Dinkel. Und wie so vieles in Vorarlberg ist auch der Vorarlberger Emmer ein Resultat einer gelungenen Kooperation – in diesem Fall zwischen Vorarlberger Mehl und dem Sennhof in Rankweil.
Letzteren führt Johannes Allgäuer seit vergangenem Jahr gemeinsam mit seinem Bruder Matthias. Die Hauptprodukte des Sennhofs sind Eier und Nudeln, daneben beschäftigt man sich auch mit dem Thema Dinkel und neuerdings eben mit Emmer. „Angebaut wird der Emmer bei Gebhard Kröss in Dornbirn. Der ist immer dabei, wenn jemand eine Idee hat. Bei uns wird das Getreide dann gelagert und entspelzt – also das Korn von der schützenden Hülle befreit. Danach geht es zum Felix.“, so Allgäuer.
Der erste Versuch im vergangenen Jahr hat schon ausgesprochen gut funktioniert, auch wenn am Anfang gewisse Herausforderungen zu bewältigen waren. „Mit der ersten Ladung, die wir geliefert haben, hatte der Müller keine große Freude“, lacht Allgäuer. „Bis wir die Maschine richtig eingestellt hatten, war schon die halbe Menge durch. Aber das sind halt Erfahrungswerte, die man macht, wenn man etwas Neues probiert. Dann hat es ganz gut geklappt.“
Verkauft wurde das Emmer-Urkornmehl aus der ersten Ernte probeweise bei kleinen Verkaufsstellen wie dem V-Milch Lädele von Vorarlberg Milch oder dem Hofladen am Sennhof – und das Interesse der Konsument*innen war durchaus vorhanden: „Unser Hofladen ist recht klein. Dadurch kommen unsere Verkäuferinnen natürlich sehr oft mit den Kunden ins Gespräch“, so Allgäuer. „Beim Emmer waren sie von Anfang an sehr neugierig. Und auch das Feedback war ausgesprochen gut“, erzählt er. Geschmacklich hebt sich der Emmer ein wenig von anderen Getreidesorten ab. „Er hat ein bisschen mehr Aroma und schmeckt etwas nussig“, erklärt Felix Rhomberg. Getestet – und für gut befunden – haben sie das Emmer-Urkornmehl beispielsweise schon für Pizza, Brot, Flammkuchen oder Palatschinken. Das Emmer-Urkornmehl ist somit ein richtiger Alleskönner.
Dass der Emmer das „nächste große Ding“ wird – wie man in der Start-Up-Sprache sagen würde –, glauben Rhomberg und Allgäuer nicht. Das ist aber auch nicht das Ziel. „Der Emmer wird zweifellos ein Nischenprodukt bleiben. Aber als Solches glauben wir auf jeden Fall daran, dass er sich etablieren kann“, so Rhomberg. Spannend findet er vor allem, dass es ein zu 100% Vorarlberger Produkt ist und somit perfekt zum regionalen Ansatz der beiden Unternehmen passt. „Er wird in Vorarlberg angebaut, weiter verarbeitet und gemahlen. Die Wertschöpfung bleibt zu 100% in der Region.“
Die – doch überschaubare – Größe von Vorarlberg ist für Allgäuer mit ein Grund, warum die Region als guter Nährboden für Kooperationen gilt. „Über irgendeine Ecke kennt man hier jeden. Und wenn man von jemanden etwas braucht, kennt man immer wen, der die Telefonnummer hat.“
Auch im Hinblick auf das Interesse der Konsumenten an dem Produkt ist die Tatsache, dass es sich beim Emmer um eine Vorarlberger Co-Produktion ein mitunter ausschlaggebender Grund. Die Vorarlberger seien schon immer sehr bewusste Einkäufer gewesen, jedoch habe sich das in den vergangenen Jahren noch verstärkt. „Gerade durch Corona haben auch viele Menschen wieder angefangen selber zu kochen. Und das führt natürlich auch dazu, dass sich die Menschen intensiver mit dem Essen auseinandersetzen: Was ist da drin? Wo kommt das her?“, so Allgäuer. Im Idealfall aus Vorarlberg.