Den Gutshof Heidensand in Lustenau gibt es seit mehr als 100 Jahren. Schon damals stand der soziale Aspekt der Landwirtschaft im Mittelpunkt. Heute führt INTEGRA Vorarlberg dort Langzeitarbeitslose wieder an den ersten Arbeitsmarkt heran und baut Bio-Gemüse an.
Sozialökonomie und Bio-Landwirtschaft
#zäm: Kooperationen im Kleinen
Sitz man hinter dem Hauptgebäude des Gutshof Heidensand, hört man nichts außer Vogelgezwitscher. Der Hof ist zwar umgeben von großen Straßen, trotzdem hat er etwas Idyllisches. Der Alte Rhein – und somit die Grenze zur Schweiz – ist einen Steinwurf entfernt und soweit man blickt, ist nur Grün zu sehen. „Darum arbeite ich hier so gerne. Es ist eine kleine Ruheoase“, sagt Maren Grimke von INTEGRA Vorarlberg. Der Gutshof ist im Besitz der Gemeinde Lustenau, die die landwirtschaftlichen Flächen und die Gebäude verpachtet.
In den 1920er Jahren wurde am Heidensand in Lustenau der Wald gerodet. Nutzflächen für den Anbau von Nahrungsmitteln entstanden und Arbeitsplätze für die Bevölkerung wurden geschaffen. Mit der Ernte wurden damals die Bewohnerinnen des Armenhauses Schützengarten versorgt. Heute baut INTEGRA Vorarlberg Bio-Gemüse am Heidensand an. Neben dem Unternehmen zählen auch Bio-Bauer Simon Vetter und Bio-Kürbisbauer Johannes Hämmerle zu den Pächtern. INTEGRA Vorarlberg leistet einen Beitrag zur Unterstützung und Förderung von Menschen, die längere Zeit auf der Suche nach Arbeit oder Qualifizierung sind. Das Unternehmen umfasst rund 20 Arbeitsbereiche sowie mehrere Bildungs- und Ausbildungsbereiche unterschiedlicher Art.
„Hier am Heidensand arbeiten zwei bis fünf Langzeitarbeitslose gemeinsam mit mir als Gruppenleiterin,“ erklärt Grimke. Die gebürtige Deutsche kam vor 16 Jahren der Arbeit wegen nach Vorarlberg und möchte auch nicht mehr weg. „Ich kann hier meinen Traumberuf in einer traumhaften Umgebung nachgehen.“ Grimke ist Gärtnermeisterin und schätzt es, dass sie sowohl in der Natur und mit anderen Menschen gemeinsam tätig sein kann. Seit 2016 wird ein Hektar landwirtschaftliche Fläche von INTEGRA bestellt. Angebaut werden: Kohl, Salat, Fenchel, Tomaten, Kartoffeln, Karotten und rote Rüben – seit zwei Jahren bio-zertifiziert. Davor befand man sich drei Jahre lang in der Umstellung von konventioneller zu Bio-Landwirtschaft. „Gerade bei unserer geringen Größe macht es Sinn, Richtung Bio zu gehen. Wir brauchen ein Alleinstellungsmerkmal“, sagt Grimke.
Knollenziest wurde im vergangenen Jahr das erste Mal geerntet. „Das war ein Testlauf, den wir für Simon Vetter gemacht haben. Er hat uns gebeten, ob wir einmal ausprobieren können, ob sich der Boden dafür eignet und er den Knollenziest ist sein Sortiment aufnehmen kann“, erklärt Grimke eine der vielen kleinen Kooperationen, die es am Gutshof Heidensand gibt. „Dafür hilft er uns mit seinem Maschinenpark aus.“ Bio-Kürbisbauer Hämmerle unterstützt man fallweise mit Personal und die Lebenshilfe Vorarlberg betreut den Hofladen. Dort gibt es alle Produkte von INTEGRA zu kaufen, die am Gutshof entstehen – von Chutneys über Marmeladen und Gewürzmischungen bis zu Rohgemüse. Ein weiterer Teil der Ernten gelangt in das Altersheim Lustenau und die unternehmensinterne Kantine von INTEGRA Vorarlberg. Im Zuge eines Europäischen Innovationsprojekt arbeitet man seit 2016 an einem Leitfaden. Dieser soll anderen Landwirten zeigen, wie eine Zusammenarbeit mit Langzeitarbeitslosen für beide Seiten Vorteile bringt. Dafür wurden die Kooperationen mit den Bio-Landwirten Vetter und Hämmerle intensiviert. Das Projekt läuft noch bis Ende 2021.
„Für mich ist der Gutshof Heidensand mehr Berufung als Beruf“, sagt Maren Grimke und zeigt sich beruflich wunschlos glücklich. Allerdings fehlt es ihr in der Gesellschaft oftmals an Verständnis für Langzeitarbeitslose und ihre Probleme. „Das sind nicht alles faule Menschen, die nicht arbeiten wollen. Viele werden den Anforderungen unserer modernen Arbeitswelt einfach nicht gerecht.“ Durch die fortschreitende Automatisierung und Digitalisierung wird sich diese Situation noch weiter verschärfen. „Dafür müssen wir mehr Bewusstsein schaffen.“