Ulrike Gstach vom Mastschwein-Betrieb aus Rankweil und Küchenchef Mario Fitzek vom Gasthaus Löwen in Nofels kennen sich seit rund drei Jahren. Corona sei Dank muss man fast sagen. Ihre Kooperation zeigt: Auch in herausfordernden Zeiten kann das Potential für etwas Positives liegen.
Transparenz und ihre Konsequenzen
Als im Frühjahr 2020 die gesamte Gastronomie in Österreich aufgrund der Corona-Pandemie zusperren musste, kam Mario Fitzek als neuer Küchenchef zum Gasthaus Löwen nach Nofels. Seine Arbeit begann damit, sich Gedanken zu machen. Darüber, was im Löwen Tag ein Tag aus so passiert. Welche Produkte verwendet werden. Wo diese herkommen. Und ob das alles in seinem Sinne ist. Zur selben Zeit musste sich auch Ulrike Gstach – im nur wenige Kilometer entfernten Rankweil – viele Gedanken machen. Sie ist Teil eines seit 1979 bestehenden Familienbetriebs, der sich auf die Herstellung von Schweinefleischprodukten spezialisiert hat. Bereits in dritter Generation werden Mastschweine gezogen, geschlachtet und verarbeitet. Da der Betrieb zu dieser Zeit viele Abnehmer in der Gastronomie hatte, brach der Familie Gstach während der Corona-Hochphase ein großer Teil des Umsatzes weg. Die Nachfrage im eigenen Hofladen stieg dafür beträchtlich an.
Selbst ist der Mensch
Plötzlich begannen viele Menschen – gezwungenermaßen – ihr Essen zuhause selbst zuzubereiten. „Viele Freundinnen haben mich angerufen und gefragt, wie man das eine kocht oder das andere macht“, erzählt Gstach. Sie selbst hat privat schon immer gerne gekocht. Und zwar nicht nur Schweinefleisch. Zweimal in der Woche gibt es bei der Familie Gstach fleischlose Gerichte zu essen. „Das hat bereits meine Oma eingeführt.“ Denn jeden Tag Fleisch zu essen, das geht sich nicht aus. Zumindest nicht mit den Ansprüchen, die die gelernte Metzgerin und Fleischfachverkäuferin an ihre Produkte hat. „Auswärts esse ich gar kein Fleisch. Oft werde ich deswegen von Kollegen und Kolleginnen schief angeschaut. Aber ich habe schon zu viel gesehen“, erklärt sie. Auch deshalb arbeitet sie heute nur noch mit wenigen ausgewählten Betrieben zusammen, der Fokus der Partnerschaften liegt auf gegenseitigem Vertrauen und Wertschätzung.
Wissen ist wichtig
Einer dieser Partner ist der Löwen in Nofels. Küchenchef Mario Fitzek ist von der Qualität des Schweinefleischs von Gstach überzeugt, ebenso wichtig ist für ihn das Wissen über die Haltungsbedingungen der Tiere. „Ich will wissen, was die Tiere zu essen bekommen, wie sie geschlachtet werden und wie sie transportiert werden“, erklärt Fitzek. Laut ihm gibt es in der Bevölkerung einfach sehr wenig Wissen darüber, wo Nahrung herkommt. Das merkt er in Gesprächen immer wieder. „Bei den Produkten, die wir im Betrieb verwenden, will ich mich selbst regelmäßig davon überzeugen, dass die Qualität in allen Bereichen stimmt. Ich will heute sagen, dass ich mir morgen die Tiere für unser Fleisch im Stall ansehen will“, sagt Fitzek.
Volle Transparenz
Diese Möglichkeit hat Fitzek bei Gstach. „Wir haben nichts zu verstecken – ganz im Gegenteil. Wir wollen, dass sich die Menschen ansehen, wie gut es die Schweine bei uns haben“, sagt Ulrike Gstach. Deswegen kann das nicht nur Mario Fitzek bei ihnen tun, sondern alle Interessierten einfach in das betriebseigene Besucherzentrum kommen und sich vom Wohl der Tiere überzeugen. „Nur der Bereich mit den säugenden Muttertieren darf nicht betreten werden, aber auch da wollen wir eine Verglasung einbauen, damit es volle Transparenz im Prozess gibt.“ Illusionen gibt sich Gstach ohnehin nicht gerne hin. „Wir züchten diese Tiere, damit sie danach als Essen auf unseren Tellern landen. Aber davor sollen sie ein möglichst gutes Leben haben“, sagt sie. Deshalb wurde die Zahl der Tiere bei Gstach in den letzten Jahren von 2.000 Stück auf 500 reduziert. In der Gastronomie arbeitet man nur noch mit ausgewählten Betrieben zusammen. Pro Woche werden rund 25 Schweine geschlachtet. Fünf davon werden als Ganzes zu Mario Fitzek nach Nofels gebracht. „Wir beziehen unser Schweinefleisch ausschließlich von Gstach“, sagt er. Nach dem Nose-to-Tail-Prinzip (Nase bis Schwanz) verfolgt man im Gasthaus Löwen eine Ganztiernutzung. „Wir verarbeiten so viel wie möglich von jedem Tier. Unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten ist das ein Wahnsinn, da gehört schon eine Menge Idealismus dazu. Aber für uns macht es nur noch so Sinn. Das ist eine moralische Entscheidung.“ Alle Teile der Schweine können aber auch Fitzek und sein Team nicht verarbeiten. So wäre es die Herstellung einer Sulze aus der Maske des Tiers ein zu großer personeller und zeitlicher Aufwand, der finanziell einfach nicht darstellbar ist. „Auch wenn sie herrlich schmeckt“, sagt Fitzek und lächelt dabei. Diese Herangehensweise schätzt auch Ulrike Gstach: „Mario und sein Team ziehen es einfach durch, darum arbeiten wir auch so gerne mit ihnen zusammen.“ Eine gelungene Kombination aus transparent und konsequent.